
Die Jagd mit Galgos in Spanien
Mehr als 50.000 Jagdhunde werden jedes Jahr in Spanien aussortiert, ausgesetzt, getötet.
50.000 - jedes Jahr! Entsorgt, weil sie verletzt sind, zu schwach sind, zu alt sind, zu langsam, zu clever, zu routiniert, zu wenig Biss haben. Weil sie optische Mängel haben, die falsche Farbe oder Ohrenstellung, weil die Fangzähne zu weit herausragen. Sie werden wie Müll entsorgt. Nachschub gibt es genügend. Das ist das Los der Galgos. Galgo Español heißt: spanischer Windhund. Seit über 2000 Jahren wird er zur Jagd eingesetzt. Jagdtrieb, Schnelligkeit und Wendigkeit sind fest in seiner DNA verwurzelt. Und das ist der Rasse zum Verhängnis geworden.
Spanien ist das einzige EU-Land, in dem die Hetzjagd mit Hunden noch erlaubt ist. Mit den Galgos wird hier vornehmlich die Hetzjagd auf Hasen betrieben. Als Freizeitvergnügen der Galgueros, zur Unterhaltung, für Ruhm und Ehre und für Wettgewinne. Die Leidtragenden sind in jedem Fall die Hunde.
Die Jagdsaison beginnt im Oktober und endet am 1. Februar. Dieser Tag wurde von spanischen Tierschutzorganisationen vor einigen Jahren zum Día del Galgo, zum Welt-Galgo-Tag ausgerufen, um auf das Schicksal der Jagdhunde aufmerksam zu machen. Denn jedes Jahr beginnt das massenhafte Aussortieren von Neuem. Die Hunde werden ausgesetzt, mit Frakturen auf offenem Feld zurückgelassen, erschlagen, in Müllsäcken in Flussbette geworfen, in Brunnen oder Schluchten gestürzt, an Bäumen erhängt, mit Säure übergossen, überfahren, beim Training hinter Autos oder Quads zu Tode geschleift… oder immerhin abgegeben in staatlichen Tötungsstationen oder privaten Tierheimen.
Als Galgueros werden die Halter der Hunde bezeichnet, die „Jäger“. Die Zahl der 50.000 ausgesetzten Hunde kursiert seit Jahren in der Tierschutzszene. Sie basiert auf einer freiwilligen Erhebung unter teilnehmenden spanischen Tierheimen. Tierschützer*innen vor Ort sprechen inzwischen aber von bis zu 200.000 Jagdhunden, darunter 80% Galgos, die jedes Jahr dieses Schicksal erleiden.
Der Anteil der Jäger an der spanischen Bevölkerung scheint mit 1,6% verschwindend gering. Doch einerseits ist das nur die Zahl der registrierten Jagdgenehmigungen und andererseits ist es keine Seltenheit, dass bei einem Galguero 30-40 oder sogar weitaus mehr Hunde leben. Und rund 85% der Landesfläche sind in Privatbesitz. Den Jägern stehen 31.002 Jagdreviere zur Verfügung, wovon gerade einmal 4.000 öffentlich sind und von Jagdgesellschaften oder Verbänden verwaltet werden können.* Die Galgueros haben damit riesige Flächen, die kaum kontrollierbar sind. Zudem ist die Jagdlobby mächtig und einflussreich.
*Quelle: https://www.moonleaks.org/eurogroup-for-animals/
Warum aber werden jedes Jahr so viele Hunde entsorgt?
Das Jagdvergnügen ist ein lukratives Geschäft, für die Galgueros geht es um Ehre, Ruhm und Gewinne. Sie vermehren die Hunde in großer Zahl, um den Champion hervorzubringen. Hunde, die sich in der Vorbereitung oder während der Jagdsaison als untauglich erweisen, werden aussortiert. Galgos, die das dritte Lebensjahr erreicht haben, gelten bereits als zu alt für die Jagd und werden aussortiert. Routinierte Hunde, die gelernt haben, effizient zu jagen, werden aussortiert. Verletzte Hunde werden aussortiert. Hunde mit optischen Mängeln werden aussortiert. Gealterte Zuchthunde werden aussortiert. Es gibt genug und das Durchfüttern nutzloser Hunde nach der Jagdsaison, will sich kein Galguero leisten.
Die Jagdhunde sind in Spanien Nutztiere, vom neuen Tierschutzgesetz ausgeschlossen.
Die Galgueros können die Hunde ungestört vermehren und aussortieren, Jahr um Jahr. Strafen oder Sanktionen müssen sie nicht fürchten. Und der Tierschutz hat kaum Mittel, um schlechte Haltung, Vernachlässigung oder Misshandlung von Hunden anzuzeigen.
Das ist die Situation der Jagdhunde in Spanien. Große Teile der spanischen Bevölkerung wissen nichts vom Schicksal der Hunde.
Es dringt nur schwer von den abgelegenen ländlichen Gegenden in die urbanen Großräume. Tierschutzorganisationen leisten unermüdlich Aufklärungs- und Bildungsarbeit, um das Leid der Hunde sichtbar zu machen. Und langsam wächst ein Bewusstsein in der spanischen Bevölkerung. Aber es ist ein sehr langer Weg.
Warum demonstrieren wir in Deutschland?
Spanische Tierschutzorganisation arbeiten rund um die Uhr, um Hunde zu retten, in Tierheimen aufzunehmen, Verletzungen zu versorgen, Krankheiten zu heilen, um dann die Hunde zusammen mit Partnervereinen im In- und Ausland zu vermitteln. Es gleicht einer Sisyphusarbeit, denn die Flut der Hunde reißt nicht ab. Eine Vielzahl geretteter spanischer Jagdhunde findet ein Zuhause in Deutschland. Hier arbeiten viele Vereine für den Auslandstierschutz und hier finden sich viele freiwillige Helfende, die Jahr für Jahr nach Spanien reisen, um in ihrem Urlaub in den Tierheimen mit anzupacken. Mit dem Galgomarsch wollen wir auf das Schicksal der spanischen Jagdhunde aufmerksam machen, für das Thema sensibilisieren und den Tierschutz vor Ort unterstützen.
Die Fotos auf dieser Seite zeigen eine Hetzjagd auf Hasen mit Galgos in Spanien. Die amerikanische Fotografin und Tierschützerin Petra Postma hat sie uns zur Verfügung gestellt. 2011 war sie als freiwillige Helferin in einem spanischen Tierheim und bekam die Gelegenheit, Galgueros mit der Kamera bei einer Jagd zu begleiten. Die Galgueros dachten, sie wolle die ruhmreiche Tradition zeigen. Aber Petra ging es vielmehr darum, die Ausbeutung der Hunde zu dokumentieren.
Uns zeigt diese Dokumentation, warum wir auf die Straße gehen.
Petra stammt ursprünglich aus den Niederlanden und lebt in Dillsburgh, Pennsylvania. Sie ist Gründerin und Vorsitzende von SAGE Save A Galgo Español, einer amerikanischen Tierschutzorganisation, die über das Schicksal der Galgos aufklärt, Tierheime in Spanien unterstützt und Hunde in die USA vermittelt.
Es ist ein lauer Herbstmorgen irgendwo auf einem Feld in Andalusien. Pkw, Quads und Pickups mit Transportkisten poltern über den staubigen Feldweg.
Auf einer Anhöhe mit gutem Blick auf die darunterliegende Ebene halten sie an und laden ab.
Aus den Transportkisten werden Hunde geholt, Galgos.
Die Männer treffen sich hier, um zu jagen oder besser:
um in einem Wettstreit herauszufinden, welcher Galgo der Beste ist.
Es sind 14 Männer. Zehn von ihnen schreiten das Feld in einer Linie ab, um einen Hasen aufzuscheuchen. Einer der Männer läuft voraus. Er führt zwei Galgos an einer Leine.
Plötzlich geht es schnell. Ein Hase springt auf und ergreift die Flucht. Die beiden Galgos werden von der Leine gelassen und jagen dem Hasen hinterher. Über einen Acker voller Steine und Erntereste. Für die Hunde eine große Verletzungsgefahr.
Über Stock und Stein hetzen die Galgos dem Hasen hinterher.
Im Rausch der Jagd gehen sie bis an ihre Grenzen und darüber hinaus.
Männer mit Quads folgen den Hunden.
Die Hunde haben aufgeholt…
Doch es ist noch nicht vorbei.
Ein Hund trägt ein rotes Tuch um den Hals, der andere ein weißes.
Damit können die Galgueros unterscheiden, welcher Hund “gewonnen” hat.
Die Galgos stellen den Hasen. Nach wenigen Minuten ist die Jagd vorbei.
Sie warten bei der erlegten Beute, erschöpft von der Hetzjagd. Mit dem Quad kommt der erste Galguero an.
Und dann der stolze Besitzer.
Heute war weiß besser.